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Der Bundesfinanzhof wird über Kryptowährungen entscheiden Wird Bitcoin steuerfrei!?


Das oberste deutsche Finanzgericht beschäftigt sich gerade mit den Steuerregeln für Kryptowährungen. Das Urteil könnte richtungsweisend für Anleger von Bitcoin und Co. werden.

Gut 14 Jahre nach Erschaffung des Bitcoin befasst sich der Bundesfinanzhof (BFH) gerade damit, wie Kryptowerte zu besteuern sind. Zur mündlichen Verhandlung am Dienstag reisten viele Beobachter der Kryptoszene nach München. Denn die Entscheidung könnte die steuerliche Betrachtung von Bitcoin und Co. beeinflussen. Es geht um Grundsatzfragen.

Konkret geht es um die Klage eines Kölner Kryptoanlegers. Direkt beträfe eine Entscheidung zwar nur ihn, sie könnte aber richtungsweisend für die Besteuerung von Kryptowerten insgesamt sein. In seiner Einkommenssteuererklärung 2018 hatte der Kläger einen Kryptogewinn in Höhe von 3,44 Millionen Euro ausgewiesen – und Einspruch gegen dessen Besteuerung eingelegt. Erstens liege ein strukturelles Vollzugsdefizit vor. Was er damit meint: Ehrliche Steuerzahler, die ihre Gewinne aus Kryptohandel in der Steuererklärung angeben, würden benachteiligt, weil viele andere dies nicht täten und deswegen kaum belangt würden. Zweitens handele es sich bei Bitcoin und Co. nicht um „Wirtschaftsgüter“ – die steuerliche Betrachtungsweise, die auf dieser Einstufung fußt, sei also falsch.

Das Kölner Finanzgericht hatte seine Klage abgewiesen (14 K 1178/20). Nun beschäftigt sich der BFH mit der Revision (IX R 3/22). Ein Urteil gibt es noch nicht. Manche Steuerexperten wie Joerg Andres können die Argumentation des Klägers nachvollziehen: „Im Grunde sind Bitcoin und Co. als bloße Blockchain-Einträge aktuell nicht steuerbar.“ Aus seiner Sicht sei fraglich, ob Kryptowährungen überhaupt als „Wirtschaftsgut“ zu klassifizieren sind. Der Gesetzgeber sei in der Pflicht, eine adäquate steuerrechtliche Lösung zu finden, meint Andres.

Beobachter des Verfahrens bezweifeln, dass die Richter dem Kläger in wesentlichen Fragen Recht geben. Werner Hoffmann, Chef des Kryptogutachters Pekuna, sagt: „Vielleicht ist das auch nicht so schlecht. Das Finanzamt müsste diese steuerrechtliche Lücke dann schließen – und wer weiß, ob es für Anleger besser oder schlechter würde.“

Das müssen Krypto-Anleger bei der Steuererklärung beachten

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Bislang gilt bei der Versteuerung von Kryptowährungen: Der Handel mit Bitcoin und Co. wird als privates Veräußerungsgeschäft betrachtet. Anders als Aktien unterliegen Kryptowährungen also nicht der Abgeltungssteuer. Gewinne werden mit der individuellen Einkommensteuer besteuert.

Steuerpflichtig sind aber nur Gewinne, wenn sie innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr anfallen. Außerdem gilt eine Freigrenze von 600 Euro. Wird diese allerdings auch nur um einen Euro überschritten, muss der gesamte Gewinn versteuert werden. Halten Anleger die Coins länger als ein Jahr, müssen sie gar keine Steuern zahlen. Auch ihre eventuell erlittenen Verluste bleiben steuerlich dann unberücksichtigt.

Um den Gewinn oder Verlust mit Kryptogeschäften in der Steuererklärung zu dokumentieren, müssen Anleger einiges beachten. Oft kaufen sie die digitalen Währungen zu unterschiedlichen Kursen. Generell gilt: Für die Gewinnberechnung muss der Anschaffungspreis vom Veräußerungspreis subtrahiert werden. Anleger haben zwei Möglichkeiten, wie sie ihre Gewinne errechnen können – und so Rückfragen vom Finanzamt stichhaltig beantworten können.

Erstens: Die FIFO-Methode („First in – First out“). Sie geht davon aus, dass die Coins, die Anleger zuerst gekauft haben, auch als erstes wieder verkauft werden. Besonders während eines Bullenmarktes – also wenn die Kurse anhaltend steigen – lohnt es sich, auf diese Methode zurückzugreifen. Das Gegenstück dazu ist die LIFO-Methode („Last in – First out“). Dabei werden die zuletzt erworbenen Coins als erstes wieder veräußert.

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Der Fokus am Kryptomarkt liegt klar auf dem Bitcoin. Unter Altcoins versteht man Kryptowährungen, die nach der ältesten Digitalwährung erfunden wurden und eine Alternative zum Bitcoin darstellen. Beispiele dafür sind Ethereum, Cardano oder Solana.

Der Bitcoin ist nicht nur die dem Volumen nach größte, sondern auch die älteste Kryptowährung der Welt. Schon im Oktober 2008 skizzierte Satoshi Nakamoto, das Pseudonym des Bitcoin-Erfinders, in einem Whitepaper mit dem Titel „A Peer-to-Peer Electronic Cash System“, wie so eine virtuelle Währung aussehen könnte. Kurz darauf, im Januar 2009, wurden die ersten Bitcoin geschürft. Weil Nakamoto unter einem Pseudonym agierte, ist bis heute unklar, wer genau den Bitcoin ins Leben gerufen hat.

Transaktionen von Kryptowährungen werden auf der Blockchain dokumentiert. Die Blockchain ist eine öffentliche, dezentrale Datenbank. Die Informationen werden nicht auf einem einzelnen Server, sondern auf vielen tausenden Rechnern gespeichert. „Chain“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „Kette“.

Jede Transaktion wird in einem Block gespeichert und an eine Kette der bereits vorhandenen Datensätze angehängt. Deshalb wird die Blockchain auch digitales Kassenbuch genannt. Die gespeicherten Daten können im Nachgang nicht mehr oder nur mit Zustimmung des Netzwerkes geändert werden. So soll ein fälschungssicheres Protokoll entstehen.

Ether ist hinter dem Bitcoin die zweitgrößte Kryptowährung und basiert auf der Ethereum-Blockchain. Im Vergleich zur Bitcoin-Blockchain gilt diese als moderner und leistungsfähiger und soll in Kürze auf das energiesparendere Proof-of-Stake-Verfahren umgestellt werden. Auch Smart Contracts können über Ethereum gehandelt werden. Beliebt ist die Kryptowährung auch, weil NFTs (non fungible Token) oft auf Ethereum basieren und deshalb mit Ether bezahlt werden.

Mining ist das Erzeugen (Schürfen) neuer Coins. Bei diesem Prozess stellen Miner im Fall des Bitcoin die Rechenleistung ihrer Computer zur Verfügung, um komplexe mathematische Aufgaben zu lösen. So werden Transaktionen verifiziert und auf der Blockchain gespeichert. Die Miner werden fürs Bereitstellen der Rechenleistung mit neu generierten Bitcoin belohnt.

Bei einigen anderen Kryptowährungen basiert das Mining dagegen nicht auf Rechenleistung, sondern auf den Anteilen der Netzwerk-Teilnehmer an der jeweiligen Kryptowährung (siehe Proof of Stake). In diesem Fall wird das Mining deshalb auch oft als Staking bezeichnet. Auch dafür bekommen Teilnehmer eine Prämie, also quasi eine Art Verzinsung für ihren Anteil.

Minten bezeichnet das Erstellen eines NFTs (non fungible Token). Mit dem „Prägen“ des Bildes ist in diesem Fall das Hochladen in die Blockchain gemeint.

Die Abkürzung NFT steht für non-fungible Token, also nicht austauschbare Wertmarken. NFTs sind virtuelle Güter, die über die Blockchain gehandelt werden. Oft sind es etwa digitale Bilder oder Sammelkarten. Jeder NFT ist einzigartig. Wer einen kauft, wird in der Blockchain als Eigentümer registriert und kann so beispielsweise ein Echtheitszertifikat für ein virtuelles Bild oder ein digitales Kunstwerk vorweisen.

Mit dem Proof-of-Work-Verfahren werden neue Münzen einiger Kryptowährungen wie dem Bitcoin geschaffen. Dafür stellen die Miner die Rechenleistung des Systems zur Verfügung, um komplexe Aufgaben zu lösen. Wer es zuerst schafft, die Aufgabe zu lösen, darf den Block an die Blockchain anhängen und erhält eine Belohnung in Form digitaler Münzen. Der Proof-of-Work-Ansatz gilt als besonders energieintensiv.

Einige Blockchains basieren auf dem Proof of Stake-Verfahren. Anders als bei Proof of Work werden dabei fürs Mining keine umfangreiche Hardware und große Mengen an Rechenleistung benötigt. Proof of Stake gilt daher als wesentlich energieschonender.

Statt dessen dürfen diejenigen Transaktionen und neue Coins freigeben, die einen besonders hohen Anteil an einer Kryptowährung halten. Sie werden dann Validatoren genannt. Der Prozess beruht auf einem Konsensmechanismus. Je höher der Preis, desto höher die Anzahl der Coins, um am Prozess teilzunehmen.

Smart Contracts sind virtuelle Verträge, die über die Blockchain getauscht werden. Diese treten unter bestimmten zuvor festgelegten Bedingungen selbstständig in Kraft. Insbesondere Banken und andere Finanzinstitute sehen in Smart Contracts einen großen Nutzen. Sie könnten zum Beispiel beim Börsenhandel Intermediäre – also zwischengeschaltete Stellen wie Wertpapierbroker– überflüssig machen.

Die Wallet ist eine Art digitale Geldbörse für Kryptowährungen. Sie ermöglicht es Nutzern, Kryptoguthaben zu kaufen und zu verschicken. Es gibt mehrere Arten von Wallets. Die Hardware-Wallet ist quasi ein USB-Stick, auf dem das Kryptovermögen und die Zugänge eines Nutzers gespeichert sind. Eine Paper-Wallet wird auf Papier ausgedruckt.

Dafür wird ein QR-Code generiert, den man einscannen muss, um Transaktionen zu tätigen. Eine Software-Wallet kommt ohne externe Geräte oder Papierausdrucke aus. Hier werden die Daten in einem Computerprogramm gespeichert. Nutzer dürfen ihre Zugangsdaten nicht vergessen: Sonst bliebe ihnen der Zugriff auf ihr Kryptovermögen verwehrt.

Dieses Krypto-ABC entstammt dem großen Krypto-1x1 der WirtschaftsWoche: Das vollständige Dossier finden Sie hier zum Download

Sollten die BFH-Richter der Argumentation des Klägers doch folgen, müsste die steuerliche Betrachtung von Bitcoin und Co. auf den Prüfstand gestellt werden. Allerdings dürfen Anleger selbst bei einem Urteil im Sinne des Klägers nicht zu viel erwarten, meint Philipp Hornung, Rechtsanwalt bei KPMG.

In der Klage geht es nämlich nur um drei Kryptowährungen: Bitcoin, Ether und Monero. Und jede Kryptowährung ist speziell, weist zu anderen Kryptowährungen womöglich Gemeinsamkeiten, aber auch viele, unter anderem technische, Unterschiede auf. „Auch wenn ein Urteil natürlich grundsätzlich eine Leuchtturm-Funktion hat, lassen sich die Gründe nur dann auf andere Kryptowährungen übertragen, wenn es auf die technischen Unterschiede nicht ankommt“, sagt Hornung.

Es scheint, als dürften Steuerexperten und Krypto-Fans weiter munter darüber diskutieren, was genau Bitcoin und Co. sind.

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Author: Donald Price

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